~Genug~

Immer wieder bekomme ich die Rückmeldung, viel zu machen. Scheinbar sind sich die meisten, die mich kennen einig. Ich mach dies und jenes und Vieles geht sich irgendwie aus. Wenn meine Kreativität Raum bekommt, tanke ich auf. Es fühlt sich an, wie frische Luft atmen, wenn du aus einem stickigen Raum kommst. Dabei entstehen von handgemalten Karten, selbstgenähten Babyhosen bis zu Workbooks oder gar einem Buch die verschiedensten Sachen. In meiner Eigenwahrnehmung fühlt es sich oft sehr viel weniger an, als andere wahrnehmen. Oft sogar nach „zu wenig“.

Was jedoch von außen nicht sichtbar ist, ist wie lange es oft dauert, bis so ein Projekt umgesetzt ist. Wie oft ich mich zum PC setze und einfach zu müde bin, um zu schreiben. Oder mich von tausend Kleinigkeiten, Nachrichten und E-Mails ablenken lasse. Oder alle paar Minuten nach Mama verlangt wird. Oder ich die geschriebenen Worte ständig wieder und wieder lösche, weil es sich nicht stimmig anfühlt.

Es fällt mir oft schwer, die Zeit, die ich habe, auch effektiv zu nutzen. Allzu leicht verliere ich mich in meinen Gedanken oder der Besorgung der nächsten Geburtstagsgeschenke. Während ich diesen Text schreibe, habe ich zum Beispiel zwei Geschenke bestellt. Generell als Frau und noch viel mehr seit ich Mama bin, gleicht mein Gehirn einem geöffneten Internetbrowser mit bis zu 20 aktiven Tabs.

Aus dem „To Do“-Modus auszusteigen und in einen Schreibfluss zu kommen, gelingt mir nur mit einem ganz bewussten Start. (-Richtig, den habe ich heute versäumt, daher die Geburtstagsgeschenke…). Am besten mit einem Gebet und einer kurzen Stille, wo ich Gott auch bitte, in diese Stille zu sprechen und Seine Worte durch mich fließen zu lassen. Schließlich ist die Sehnsucht hinter diesem Blog unter anderem auch, meine Geschichte mit Ihm zu teilen und dich zu ermutigen, Gott einen Platz in deinem Leben zu schenken.

In mir schlummern mehr unfertige Ideen, Projekte und Träume als ich vermutlich in meinem Leben umsetzen werde können. Gedankenfetzen und ungeschriebene Worte, die leise aus dem Unterbewusstsein an die Oberfläche klopfen. Das ist eine schöne Erfahrung und manchmal auch sehr anstrengend. Vieles kann ich umsetzen und viel mehr darf ich auch sein lassen, weil es in meiner Lebensphase gerade keinen Raum hat.

Es braucht eine gute Unterscheidung zwischen dem, was nötig, dringend, förderlich und hinderlich ist. Zwischen dem, was mir (und meiner Familie) gut tut und was nicht. Zwischen dem, was möglich und nicht möglich ist.

In diesem Prozess sind für mich die Fragen: „Was ist mein Warum?“, „Was ist mir/uns wichtig?“, „Haben wir dafür aktuell die Ressourcen?“, hilfreich. Ich ermutige mich selbst, damit aufzuhören, gewisse Dinge nur zu tun, weil ich denke, ich sollte das machen. Oder weil ich eine Idee schön und bewundernswert finde und die anderen es ja schließlich auch schaffen. Oder weil es jemand von mir erwarten könnte. Oder weil Social Media davon spricht.

Beispielsweise habe ich aufgehört, selbst Brot zu backen, weil es zurzeit einfach nicht klappt und mich nur frustriert. Generell koche ich großteils Gerichte, die ich gut kenne und mit den Kids schaffe, ohne gestresst zu sein. Ausnahmen mache ich an Tagen, wo ich wirklich Lust habe, etwas Neues auszuprobieren und die Kraft spüre, das mit den Kindern auch zu schaffen. Manchmal gibt es 2-3x die Woche Nudeln und ich mache mir deswegen keine Vorwürfe oder habe Sorgen um die Gesundheit meiner Kinder.

Mein „Genug“ ergibt sich aus meiner Kapazität, die nunmal jeden Tag verschieden ist. Grundsätzlich glaube ich, hat unsere individuelle Kapazität etwas mit Charaktertyp, Ressourcen und Gesundheit zu tun. Außerdem spielen die Rahmenbedingungen und die Bedürfnisse der ganzen Familie eine wichtige Rolle. Manche Tage sind gefüllt mit Tätigkeiten, die wenig bis keine sichtbaren Spuren hinterlassen. Die keine Produktivität oder Effizienz erlauben. Diese Tage kosten viel Kraft und sind doch unendlich kostbar, wenn ich lerne, sie einfach sein zu lassen und im Moment präsent zu sein. Denn genau dort braucht mich meine Familie oft am allermeisten.

Als ich aufhörte, mich gegen solche Tage zu wehren, habe ich die versteckten Schätze der „verlorenen“ Zeit entdeckt. Eine besonders innige Umarmung nach einem Gefühlsausbruch. Das Abenteuer „Kreativität“ auch mit den Kindern gemeinsam zu entdecken (und das ist eine echte Challenge für mich, weil ich nicht allzu gut mit Unordnung, Patzen und Chaos umgehen kann). Das müde, verständnisvolle und ermutigende Lächeln und der Zuspruch einer anderen Mama am Spielplatz. Die Gewissheit, dass das, was mir am Wichtigsten ist, auch wirklich zuerst kommt.

Natürlich bleiben die Sehnsucht und das Bedürfnis, auch Zeit für mich zu haben. Besonders das Schreiben schaffe ich aktuell nur abends oder wenn mein Mann mit den Kids unterwegs ist. Hier durfte ich lernen, diesem Bedürfnis auch eine Stimme zu verleihen und konkret auszusprechen, wann ich Zeit und Unterstützung brauche. Das klappt nicht immer gleich gut, doch allgemein sind wir auf einem guten Weg. Ich bin dankbar, gemeinsam wachsen und lernen zu dürfen und meine Kreativität auch inmitten der chaotischen Kleinkinderjahre ausleben zu können. Eines Tages werde ich (bestens ausgeschlafen) mit einer Tasse Kaffee, einer Decke und Keksen auf der Couch sitzen und schreiben, solange ich möchte. Heute sitze ich hier, zwischen einem Kartenspiel am Boden, meiner schlafenden Tochter und den Kartoffeln, die darauf warten von mir geschält zu werden. Und ich bin glücklich.

Ist das genug? – Ich denke, JA.

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