~ Ich brauche Hilfe ~

Na, wann hast du diese drei Worte das letzte Mal ausgesprochen oder gehört? Die letzten Wochen beschäftigt mich das Thema „Hilfe“ sehr intensiv. Immer wieder kreisen meine Gedanken um diese große Hürde, die unsere eigene Hilfsbedürftigkeit für so viele von uns bedeutet. Es fühlt sich an, als würden wir über einen Stacheldrahtzaun klettern müssen und uns dabei unsere Lieblingsjeans ruinieren, wenn wir diesen Satz aussprechen.

Um euch in diesen Gedankenprozess einzubinden, habe ich vor kurzem eine Umfrage dazu auf Instagram gestartet. Es darf gesagt sein, dass ich eine sehr feine (wenn auch kleine ;)) Followerschaft habe, die ich schätze. Umso beeindruckender war die hohe Anzahl der Rückmeldungen. Noch nie haben so viele Menschen auf eine Umfrage von mir reagiert.

Dabei habe ich zum einen die Frage gestellt: „Um Hilfe bitten…“

  • …kann ich (zuhause als Kind gelernt) 12%
  • …kann ich nicht  53%
  • …kann ich (als Erwachsener gelernt) 35%

Weiters: „Um Hilfe bitten…“

  • …fällt mir leicht 0%
  • …rüttelt an meinem Selbstwert 13%
  • …ist mir unangenehm, weil ich keine Last sein möchte 87%

Wow. Da bekam ich dann fast eine Gänsehaut. Kennst du das, wenn du den Eindruck hast, nur du allein kämpfst mit einem Thema und für alle anderen ist das eh nicht so schwer? Einerseits war ich erleichtert, andererseits auch etwas schockiert über die Ergebnisse. Auch im persönlichen Gespräch und in meinem Umfeld forschte ich weiter nach.

Beim Mama-Kongress 2021 erwähnt Magdalena Rauter in ihrem Video einen Satz, der mich schon damals faszinierte. Sie erzählte von ihrer Brustkrebs-Diagnose und wie sie als Familie diese schwierige Zeit gemeistert haben.

„Ich habe eine gewisse Entspanntheit damit entwickelt, dass ich Hilfe brauche. Wir alle brauchen Hilfe. Und das ist okay.“  

Dass jemand in einer so schweren Lebenslage Hilfe braucht, scheint klar und in Ordnung zu sein. Doch sie spricht ganz offen an, dass wir alle Hilfe brauchen. Mal mehr, mal weniger. Alle. Also auch ich und du. Viele von uns erleben Phasen in denen wir „schwimmen“ und uns kurz vor dem Untergehen fühlen. Angesichts des Rettungsringes lächeln wir noch freundlich und sagen: „Danke, geht schon!“ Spürst du auch, wie sich da etwas tief in dir so ein kleines bisschen zusammenzieht?

Warum also ist es so eine große Überwindung, Hilfe anzunehmen oder sogar darum zu bitten?

Meine Theorie (und schreib mir sehr gern, wenn du das anders erlebt hast oder empfindest) ist folgende: Es liegt in unserer menschlichen Natur, auf niemanden angewiesen sein zu wollen. Seit ich denken kann, wollte ich unabhängig sein. Frei. Selbstbestimmt. Die Wurzel der Sünde liegt in diesem Moment, der Eva glauben ließ, Gott meine es im letzten nicht wirklich gut mit ihr. Sie müsse also selbst für sich sorgen und sich holen, was sie braucht. Stolz.

Ich weiß. Gewagte Worte. Durch die Sünde kamen zwei Dinge in diese Welt über die ich kurz mit dir nachdenken möchte. Unmittelbar nach der ersten Sünde empfanden Adam und Eva Scham voreinander. Außerdem versteckte sich der Mensch vor Gott und es kam zu einer Trennung von Gott wodurch der Mensch das Paradies verlassen musste. (Wie faszinierend, wenn wir jetzt noch weiterphilosophieren würden über den Fakt, dass Eva geschaffen ist als die „Hilfe“ in Person …)

Die größten Hindernisse, die ich bisher aus meinen Nachforschungen und Gedanken herausfiltern konnte sind Stolz und Scham. Die Powerkombi der Isolation. Fehlende Vorbilder kommen hinzu. Uns jungen Müttern wird heute gesagt „Oma hat es ja auch geschafft!“ – Ich frage mich zu welchem Preis.
Wenn mehr als die Hälfte von uns nicht um Hilfe bitten kann und wir gleichzeitig davon ausgehen, dass wir alle mal Hilfe brauchen, haben wir ein Problem.

In mir sprudeln gerade wahnsinnig viele Gedanken dazu hoch, doch möchte ich diesen Beitrag erstmal dabei belassen. Ich möchte dich und mich ermutigen, eine Gesellschaft mitzugestalten, in der es normal ist, sich gegenseitig zu helfen. Im ganz normalen Alltag. Mit Kleinigkeiten. Lass uns unseren Kindern den Satz „Ich brauche Hilfe!“ beibringen. Vorleben. Ehrlich. Lasst uns dem Stolz und der Scham ein Schnippchen schlagen und stattdessen Verbundenheit, Offenheit und Liebe leben.

Bist du dabei?

Deine Franzi

2 Comments

  • Roxana

    Wow! Dein Beitrag öffnet einem richtig die Augen. Mir fällt es auch super schwer nach Hilfe zu fragen. Ich will die Power-Frau sein, die alles alleine schafft…Stolz und Scham – keine schöne Beschreibung, die man stattdessen annehmen möchte. Der Satz von Mutter und Schwiegermutter “ ich hab das früher (unter noch heftigeren Umständen) auch geschafft “ – war dann auch ein zusätzlicher Trigger es erst recht alleine schaffen zu MÜSSEN.
    Aber dein Beitrag bestärkt mich nochmal anders darüber nachzudenken. DANKE!

    • admin

      Danke für die liebe Rückmeldung! Kann ich gut verstehen! Wie schön wäre es, wenn wir eines Tages diesen Satz nicht mehr zu unseren Töchtern sagen, sondern ein liebevolles Miteinander leben können, wo es normal ist, sich zu unterstützen <3

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