~ Ein sicherer Ort ~

Während ich diese Zeilen schreibe kann ich beinahe noch die warmen Sonnenstrahlen des heutigen Tages auf meinem Gesicht spüren. Das Zwitschern der Vögel und die letzten tauenden Schneereste wecken in mir erneut eine tiefe Sehnsucht nach Frühling, Hoffnung und neuem Leben. Ein gemütlicher Spaziergang an der frischen Luft mit unseren drei Kindern war genau das Richtige nach einem eher herausfordernden Wochenende. Durchatmen. Die Kinder bewundern mit welcher Begeisterung sie den letzten Schneehaufen zertreten. Mich nicht ärgern über mein daraus resultierendes schmutziges Gewand. Im Moment leben und nicht in Gedanken schon die Waschmaschine einschalten.
Darin übe ich mich.

In letzter Zeit denke ich viel darüber nach, wie wir uns in unserer Persönlichkeit entwickeln. Gerade in unserer Kindheit kommt sehr viel von außen auf uns zu und so manche falsche Glaubenssätze, Wunden, schlechte Charaktereigenschaften und Gewohnheiten mögen auf diese Zeit zurückzuführen sein.  Ich hatte sehr großes Glück mit meinen Eltern. Manche haben einen weitaus schwierigeren Start ins Leben. Bisher habe ich noch keinen Menschen getroffen, der nicht in der ein oder anderen Form Leid in seinem Leben erfahren hat. Leid wird auch gerne von anderen Menschen bewertet oder in eine Art Rangliste gesteckt. Nicht nur von anderen Menschen, auch wir selber neigen dazu, das eigene Leid entweder aufzublasen oder wegzulächeln.

Wusstest du, dass heute am 27. Jänner der Internationale Holocaust-Gedenktag ist?

Die Welt ist in Aufruhr. Die politische Entwicklung dieser Tage sorgt für Angst.

Mutig wendet sich die anglikanische Bischöfin Mariann Edgar Budde an den US-Präsidenten Donald Trump. „Im Namen unseres Gottes bitte ich Sie, haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben.“

Während ich mir also Mühe gegeben hatte beim Wäsche aufhängen nicht verrückt zu werden, weil unser Jüngster die Wäsche teilweise schneller vom Wäscheständer zieht, als ich sie aufhängen kann, gingen mir diese Bilder durch den Kopf. Ich fühle mich nicht unmittelbar bedroht. Doch die Gesamtsituation fühlt sich bedrohlich an. Ich frage mich, was hier, heute, in meinen Umständen meine Aufgabe ist.

„Einer der letzten menschlichen Freiheit ist, seine Einstellung unter welchen Umständen auch immer
frei wählen zu können und einen eigenen Weg wählen zu können.“
Viktor Frankl

Und ich bin der Überzeugung, wenn es Menschen mitten in einem Konzentrationslager gelingt, ihre Menschlichkeit und Würde zu leben, dann dürfen auch wir uns in die Verantwortung dieser Freiheit nehmen. Meine Energie möchte ich nicht verwenden, um über das Böse in der Welt zu schimpfen oder diese Menschen zu verachten. Vielmehr möchte ich leidenschaftlich daran arbeiten, mich zu einer Persönlichkeit zu entwickeln, die Wärme, Geborgenheit und Freundschaft kultiviert.

Wie das Leben als Mama so will, habe ich es nicht geschafft, den Beitrag an einem Abend fertigzustellen. Denn auch wenn ich eine Nachteule bin und die späten Abendstunden zum Kreativ-Sein liebe, halte ich mich an meine Schlafenszeit (mittlerweile spätestens 22:30 – wer hätte das vor 10 Jahren gedacht?). Mit Schlafmangel bin ich morgens gereizt, deutlich unfreundlicher und die Zündschnur  ist quasi nicht existent, was mit drei kleinen Kindern ein äußerst ungünstiger Zustand ist. Ein Zustand, der dem widerspricht, was ich hier und heute als eine meiner wichtigsten Aufgabe sehe.

Und zwar habe ich die Sehnsucht, ein sicherer Ort zu sein, für alle, die ihn in meiner Umgebung suchen. Vor allem für meine Familie. Jetzt bin ich der wichtigste Anker für drei sehr kleine Kinder, die in diese Welt hineinwachsen. Was es für einen Unterschied machen wird, wenn wir ihnen ein Fundament von Liebe und Geborgenheit schenken, das kann ich heute noch nicht wissen. Aber dass es gewiss einen wichtigen Unterschied machen wird, davon bin ich überzeugt.

Ein sicherer Ort. Ja, das möchte ich sein. Für Freundschaften. Für Nachbarn. Für alle von euch, die diese Zeilen lesen.  Ja selbst für all jene, die sich auf der gegenüberliegenden Seite meiner Einstellung befinden.

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