~ Integrität ~
Während der Sommer voranschreitet, verbringe ich viel Zeit mit all unseren drei Schätzen. Das macht mir viel Freude und immer wieder bemerke ich, wie ich über mich selbst hinauswachsen darf. Gleichzeitig kostet es mich auch viel Kraft und ich erlebe, wie sehr mich 24/7 Mama-Sein auch anstrengt und an meine Grenzen bringt. Einige der größten Herausforderung dabei sind die Regulation meiner eigenen Gefühle, meines Energiehaushaltes und der Organisation unseres Alltags.
Mit dem kleinen Teil meines Gehirns, das in dieser Zeit noch die Kapazität hat, sich mit etwas Denkarbeit auseinanderzusetzen, beschäftige ich mich weiterhin mit der Definition von „Vertrauen“ von Brené Brown. Der nächste Punkt heißt „Integrität“. Ein Wort, das sich so in meinem Alltagssprachgebrauch recht wenig zeigt. Doch in meinem Alltagserleben, ist es in den letzten Jahren immer wichtiger geworden.
Vertrauen, so beschreibt Brené Brown, basiert auf Ehrlichkeit und Integrität. Menschen, die ehrlich sind und im Einklang mit ihren Werten handeln, nehmen wir allgemein als vertrauenswürdig wahr. Integrität bedeutet also, den eigenen Werten treu zu bleiben und dabei in Kommunikation und Handlung ehrlich und gerecht zu sein. Das klingt erstmal sehr einleuchtend und ist doch herausfordernder als gedacht.
Angenommen du weist dein Kind zurecht, weil es Schimpfwörter benutzt. Minuten später rutscht dir selbst ein „Sch….!“ über die Lippen, weil du dir den Zeh gestoßen hast. Oder du bringst deinem Kind bei, dass es wichtig ist, gut über andere zu sprechen. Minuten später schimpfst du über einen anderen Autofahrer oder die Nachbarin.
Das ist sehr menschlich und kann durchaus passieren. Mir jedenfalls. Kennst du diese speziell beleuchteten Spiegel, die dir jede Minimini-Hautunreinheit glasklar zeigen? Ein Kind ist ein bisschen wie so ein Spiegel. Es wird dir alles und wirklich alles aufzeigen, was du möglicherweise ohne die Hilfe dieses Spiegels nicht entdeckt hättest. Die wichtige Frage ist: Wie reagierst du, wenn dich dein Kind darauf aufmerksam macht?
Integrität heißt, sich für den mutigen statt den bequemen Weg zu entscheiden. Das zu tun, was richtig ist, nicht was schnell, einfach und lustig ist. Werte zu leben und nicht nur zu predigen. Wie oft wäre der bequemere Weg, einfach „Ja“ zu sagen, wenn du eigentlich „Nein“ sagen möchtest. Das berührt auch sehr das Thema von gesunden, liebevollen Grenzen. Denn ein „Nein“ ist erstmal oft unbequem.
- Wie oft hast du schon „Ja“ gesagt und die Person dann insgeheim abgelehnt? Oder dich selbst, weil du dich nicht getraut hast, „Nein“ zu sagen?
- Wie oft hast du dein „Ja“ mit Wut im Bauch durchgezogen, die dir mitteilen wollte, dass du deine eigenen Grenzen verletzt?
- Wie oft traust du dich nicht, um Hilfe zu bitten, weil du Sorge hast, dass es der anderen Person zu viel ist, sie sich aber nicht „Nein“ sagen traut?
Mittlerweile gelingt es mir immer öfter (und bei weitem nicht oft genug) die Unbequemlichkeit der Ablehnung vorzuziehen. Ich möchte ein liebender Mensch sein und immer mehr werden. Das gelingt nicht, wenn ich eine lächelnde Fassade mit innerlich kochendem Vulkan lebe. Gleichzeitig genieße ich es sehr, ein ehrliches „Ja“ zu schenken, wenn es im Rahmen meiner Grenzen möglich ist. Ohne Überforderung und innerer Ablehnung die Nachbarn zum Essen einladen oder der frischgebackenen Mama eine Ladung Wäsche aufzuhängen. Oder einen Kuchen für den Kleiderbasar im Pfarrheim vorbeizubringen.
Ich darf also lernen, ehrlich zu sein, meinen Werten treu zu leben und das auch nach außen liebevoll zu kommunizieren. Dazu muss ich natürlich meine eigenen Werte kennen und mir immer wieder einen Moment nehmen, um hinzuspüren, ob ich mit diesen Werten im Einklang lebe oder mich verbiege, um „hineinzupassen“ oder es allen anderen recht zu machen. Ein integres Leben lädt mich ein, mir selbst treu zu sein und zu wissen, dass ich genug bin. Ich darf Unbequemlichkeit aushalten und ehrlich sein. Denn ich muss niemandem gefallen, nichts beweisen und mir Liebe nicht verdienen.
Ich bin ja schon geliebt. Und du übrigens auch. <3
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