~ Tresor ~
Der Schreibfluss hat mich wieder. In den letzten Tagen spüre ich es in mir richtig blubbern und sprudeln. Ein Genuss! Die letzten Wochen fühlte ich mich oft ausgelaugt und wenig inspiriert beziehungsweise gab es unser Alltag, die Abende und Nächte einfach nicht her, viel zu schreiben.
Umso mehr genieße ich dann wieder eine Phase der Kreativität, unverplante Stunden und viel Zeit in der Natur. Der Rhythmus des Lebens ist ähnlich wie Ebbe und Flut des Meeres. Das anzunehmen bringt mich gerade in eine große Freiheit. Ich kann und muss das Wasser in der Zeit der Ebbe nicht ans Ufer locken – ich darf darauf vertrauen, dass es zur rechten Zeit von selbst wiederkommt.
In diesem Sinne mache ich mich an den nächsten Punkt der Vertrauenskomponenten. Der „Tresor“. Gemeint ist damit, dass Personen dann vertrauenswürdig sind, wenn sie Informationen vertraulich behandeln. Das heißt Geheimnisse oder persönlichen Informationen werden nicht ohne Erlaubnis weitergegeben.
In der Theorie, wie so oft, einleuchtend und klar. In der Praxis sieht es allerdings ganz anders aus. Wie aufregend und erfrischend ein bisschen Klatsch und Tratsch zwischendurch sein können. Am neuesten Stand sein und Bescheid wissen, was sich so tut. Mir scheint, Menschen sind besonders hungrig nach möglichst „skandalösen“ Informationen. Brené Brown deckt auch diese scheinbare Verbundenheit von zwei Menschen auf, die sich gemeinsam über einen dritten ärgern oder gar lustig machen. „Der Feind meines Feindes ist mein Freund.“ – ist ein hartnäckiger Mythos, der sich in der Sozialforschung nicht bestätigt. Im Gegenteil. Bei Personen, die in Abwesenheit anderer Personen Grenzen überschreiten, lösen Distanz und das Aufsetzen von Masken aus. Aus dem ganz einfachen Grund, dass wir unbewusst vor allem eins wahrnehmen: „Bei dieser Person sind meine Informationen, bin ich als Mensch nicht sicher.“
Nun gibt es in meinem Alltag gerade sehr wenig Klatsch und Tratsch. Allerdings merke ich, wie es mir manchmal unbewusst und völlig ohne böse Absicht passiert, dass ich etwas neben/von den Kindern etwas ausplaudere, was ihnen nicht recht ist. Sei es morgens, wenn wir im Kindergarten ankommen und wir am Weg beispielsweise einen Streit hatten. Dann kann es schon sein, dass ich erwähne, dass es heute schon schwer für uns war oder dass wir eine schlechte Nacht hatten oder dass diesem Kind dies und jenes nicht recht war. Das können auch Kleinigkeiten sein, wie „Kind XY ist so unglücklich, weil das Lieblingsshirt nicht gewaschen war.“ Eine feine Grenze nicht wahr? Das sind in meinem Ermessen nicht unbedingt Informationen, die in einen „Tresor“ müssten und doch haben mir meine Kinder in verschiedenen Situationen schon rückgemeldet, dass sie manches selbst oder lieber gar nicht erzählen möchten. Dann bin ich gefordert, das auch ernst zu nehmen, um Verzeihung zu bitten und in Zukunft um Erlaubnis zu bitten oder zu schweigen, wenn das gleiche Thema wieder auftritt.
Ehe. Ein riesiges Thema in unserer Gesellschaft wie ich beobachte. Selbst auf Social Media wird teilweise über den Partner hergezogen. In diesem Bereich durfte ich sehr wachsen in den letzten Jahren – wenn ich über meinen Partner spreche, möchte ich ihn ehren und mich nicht lustig machen oder beschweren. Wenn so etwas in mir hochkommt, mache ich mir eine geistige Notiz, beobachte das Thema und spreche es wenn nötig direkt an. Natürlich dürfen wir uns mit unseren Freundinnen auch über unsere Männer unterhalten. Doch hier gilt es wirklich die Wertschätzung für den anderen im Blick zu haben und gesunde Grenzen zu wahren. Umgekehrt darf auch ich mich verlassen, dass in der Männerrunde kein schlechtes Wort über mich fällt. Im Gegenteil, manchmal bekomme ich Rückmeldungen seiner Freunde, wie würdig und wertschätzend er in meiner Abwesenheit über mich spricht.
- Wie sieht es mit deinem Tresor aus?
- Wo wurde dein Vertrauen in diesem Bereich schon verletzt?
- Kannst du das loslassen oder hältst du noch daran fest?
- Inwiefern beeinflusst das deine aktuellen Beziehungen mit deinem Partner/Kinder/Familie/ FreundInnen?
- Wo hast du Grenzen überschritten?
Bitte um Verzeihung und bemühe dich um Wertschätzung in deiner Kommunikation. Eine ehrliche Ansprache kann Verbundenheit stärken! Ich bespreche mit meinen Kindern mittlerweile auch so manches im Vorfeld, ob/was sie erzählen möchten und ob sie es selbst sagen möchten oder ich das übernehmen soll.
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