~ Mit dem Stift gegen die Dunkelheit ~
Immer wieder frage ich mich, ob das was ich hier tue, denn überhaupt etwas bringt.
Diese Frage findet sich in den verschiedensten Lebenslagen und Bereichen wieder und lässt sich ähnlich wie Lebensmittelmotten nicht so leicht aus dem Haus jagen. Ungefragt taucht sie auf und macht sich im Hintergrund ähnlich mühsam bemerkbar wie das Getöse des Dunstabzugs oder das ständige Summen eines veralteten PCs. Sinntinnitus sozusagen.
Die letzten Tage habe ich mit dem Enneagram Devotional von Tyler Zach gearbeitet und durfte noch ein wenig tiefer in meine Persönlichkeitsstruktur eintauchen. Im vorletzten Newsletter habe ich einen kleinen Einblick in die neun Typen des Enneagramms gegeben (falls du nicht angemeldet bist und dich das interessiert – schreib mir einfach!). Wer mich (und das Enneagramm) gut kennt hat womöglich schon die Vermutung angestellt, dass ich mich unter die bunten Siebener mischen darf. Die Enthusiasten, Optimisten und Abenteurer, die nichts mehr zu lieben scheinen als ein Leben, das schnell geht, Spaß macht und möglichst bunt gestaltet ist. Was uns Siebenern schwer fällt ist Langzeitcommitment, Hingabe für etwas, das keine Ergebnisse vorzuweisen hat und das Anerkennen und Verarbeiten von Gefühlen, die auch nur das leiseste Zwicken in der Magengegend oder gar Tränen auslösen könnten.
In diesem Devotional gibt es tägliche Reflektionsfragen, wobei ich so einiges in meinem alltäglichen Leben noch etwas genauer differenzieren konnte. Wir leben in einer schnelllebigen Gesellschaft, das „Ja“ von heute ist das „Nein“ von morgen. Menschen erfinden sich neu. Ich habe gelesen, dass mittlerweile auch schon von einer „Quarterlife Crisis“ die Rede ist, denn die gute alte „Midlife Crisis“ kommt viel zu spät, für alle, die schon mit 25 ein neues Leben anfangen wollen. Jedenfalls ermutigt der Autor immer wieder, einer Sache treu zu bleiben, auch wenn sie keine unmittelbaren, greifbaren Erfolge bringt.
Nun, ich schweife aus. Ob das, was ich hier tue, etwas bringt ist womöglich gar nicht so relevant wie mein westlich kapitalistisch geprägtes Hirn mir weismachen möchte. Die Frage, die ich mir stelle ist, ob es denn überhaupt etwas bringen muss. Das Schreiben selbst ist eine wohltuende Übung der gezielten Aufmerksamkeit. Eine liebevolle Einladung, langsamer zu werden, als die Welt zu erlauben scheint. Dieser Blog ist ein Commitment, das ganz ohne Deadlines und Applaus für geleistete Arbeit auskommt.
Für mich persönlich ist das Schreiben ein Weg, mein Inneres vor der Dunkelheit zu schützen und das Wirrwarr, das es nunmal ist, zu ordnen. Es macht mir fast kindliche Freude, meine Prozesse mit euch zu teilen und das Leben in all seinen Facetten und Farben zu feiern. Als kleines Mädchen war ich schon von Worten in andere Welten getragen worden und hatte doch nie zu träumen gewagt, dass ich eines Tages tatsächlich ein Buch veröffentlichen würde. Als es soweit war hatte ich eine lebensverändernde Gefühlsexplosion erwartet, die ausblieb. Versteh mich nicht falsch, ich habe mich von Herzen gefreut, doch mir ist in diesem Moment etwas klar geworden: Das Schreiben selbst, mein Weg mit Gott und den Menschen, die mir begegnen ist es, was mich wachsen und werden lässt, nicht das Veröffentlichen des Geschriebenen.
Die Veröffentlichung entspringt meiner Sehnsucht, mein Herz zu teilen und deines damit zu ermutigen, zu trösten und zu inspirieren. Wenn dies auch nur bei einer Person gelingt, selbst wenn diese Person „nur“ ich selbst sein sollte, so hat dieses ganze Unterfangen schon lange etwas gebracht. Wie schön!
Wie mein Körper sich wohler fühlt, wenn er bewegt wird, ist meine Seele ruhiger, wenn ich schreibe. Nun möchte ich dich zu einem kleinen Experiment einladen. Ich habe es auf dem Herzen, dir Mut zu machen, das Schreiben für dich zu entdecken.
Dazu hier eine kleine Übung zum Einsteigen:
Lenke deine Aufmerksamkeit bewusst auf die Bewegungen von Sonnenlicht und Schatten. Nimm dir am Ende des Tages etwa zehn Minuten Zeit, um niederzuschreiben, was du beobachtet hast und wie diese Beobachtungen deinen Tag beeinflusst haben.
- Wie verändert sich mein Zuhause über den Tag?
- Was löst Licht/Schatten körperlich in mir aus?
- Wie verändert das Licht, das, was es berührt (inklusive mir selbst)?
Viel Freude beim Ausprobieren und lasse mich gerne wissen, wie es dir damit ergangen ist und ob du gerne weitere Schreibimpulse hier finden würdest!

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